Sorgerecht: Voraussetzungen für einen Aufenthaltswechsel des Kindes ins Ausland

Das Familiengericht darf das alleinige Sorgerecht für ein Kind nur unter Beachtung besonderer Voraussetzungen auf einen Elternteil übertragen, der im Ausland lebt.

Das verdeutlichte der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines nicht verheirateten Elternpaars. Dieses stritt um das alleinige Sorgerecht für seine achtjährige Tochter. Die Mutter besitzt die deutsche, der Vater die französische Staatsangehörigkeit. Zur Zeit der Geburt des Kindes lebten die Eltern in Frankreich. Kurz nach der Geburt trennten sie sich. Die Mutter kehrte mit dem Kind nach Deutschland zurück, wo das Kind seither lebt und zur Schule geht. Beide Elternteile übten die elterliche Sorge zunächst einverständlich gemeinsam aus. In der Folge kam es zum Streit um das Umgangsrecht, das Recht, wer das Kind einschulen darf, und schließlich um das Sorgerecht. Das Amtsgericht hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter übertragen. Das Oberlandesgericht hat nach Austausch des Verfahrenspflegers und ohne Anhörung des Kindes dem Vater das alleinige Sorgerecht übertragen und angeordnet, dass die Mutter das Kind an den in Frankreich lebenden Vater herauszugeben habe.

Die von der Mutter hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde hatte vor dem BGH Erfolg. Sie führte zur Aufhebung der Entscheidung. Der BGH hat u.a. beanstandet, dass das Oberlandesgericht die vermeintlich bessere Erziehungseignung des Vaters, auf die es seine Entscheidung maßgeblich gestützt hat, nicht nachvollziehbar begründet habe. Rechtsfehlerhaft sei auch, dass das Oberlandesgericht das Kind nicht angehört habe. Die alleinige Zuweisung der elterlichen Sorge an den Vater habe für das Kind erhebliche Auswirkungen. Sie sei mit einem Umzug des Kindes nach Frankreich und damit mit einem gravierenden Wechsel seiner bisherigen Lebensumstände verbunden. Daher sei es unverzichtbar, dass das nach seinem Entwicklungsstand schon verständige Kind durch das erkennende Gericht selbst angehört werde. Es komme hinzu, dass alle mit dem Kind in diesem Verfahren befassten Personen, die das Kind selbst angehört haben, also der Amtsrichter, die Verfahrenspfleger und der Sachverständige übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt seien, dass das Kind bei der Mutter bleiben sollte. Auf verfahrensrechtliche Bedenken stieß auch, dass das Oberlandesgericht die Verfahrenspflegerin, die das Kind seit längerer Zeit auch aus dem Beschulungs- und Umgangsrechtsverfahren kannte und in das umfangreiche Verfahren eingearbeitet war, kurz vor Abschluss des Verfahrens durch einen anderen Verfahrenspfleger ersetzt habe (BGH, XII ZB 407/10).

Eine Antwort

  1. Vielen Dank für den wirklich informativen Artikel. Er hat mir einen Überblick über die Rechtsmaterie verschafft.

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