Unterhaltsrecht: Anzahl der Bewerbungen als Indiz für Arbeitsbemühungen

Ein arbeitsloser Unterhaltsberechtigter muss nachweisen, dass er sich ausreichend bemüht, eine Arbeitsstelle zu erlangen. Bemüht er sich nicht ausreichend, kann ihm ein fiktives Einkommen zugerechnet werden, das seinen Unterhaltsanspruch mindert.

Diese langjährige Rechtsprechung führte in der Vergangenheit oft zum Streit über die Frage, wann „ausreichende Bemühungen“ vorgelegen haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu nun entschieden, dass die Anzahl der vom Anspruchsteller vorgetragenen Bewerbungen nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen sei, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Für ausreichende Erwerbsbemühungen komme es vielmehr, wie für das Bestehen einer realistischen Erwerbschance, vorwiegend auf die individuellen Verhältnisse und die Erwerbsbiografie des Anspruchstellers an. Diese seien vom Familiengericht aufgrund des – ggf. beweisbedürftigen – Parteivortrags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen. Eine pauschale Regelung (z.B. 100 Bewerbungen im Jahr) sei daher abzulehnen (BGH, XII ZR 121/09).

Unterhaltsrecht: Die neue BGH-Rechtsprechung zum Ehegattenunterhalt ist verfassungswidrig

BGH

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Wandel der ehelichen Lebensverhältnisse einschließlich der Drittelmethode für verfassungswidrig erklärt.

Die Verfassungsrichter bemängelten, dass die vom BGH eingeführte Dreiteilungsmethode den früheren Ehegatten einseitig zugunsten des Unterhaltspflichtigen und dessen nachfolgenden Ehegatten belaste. Die Berechnungsmethode setze sich überdies über den Willen des Gesetzgebers hinweg. Soweit dieser Einschränkungen beim nachehelichen Unterhalt vorgenommen habe, wie bei der Kürzung oder Befristung von Unterhaltsansprüchen, habe er damit die unterhaltsrechtliche Position des geschiedenen Ehegatten nicht von vornherein verschlechtern wollen, wie dies die Bedarfsbestimmung nach der Dreiteilung vorsehe. Die geänderte Rechtsprechung lasse sich auch nicht mit dem Ziel der Unterhaltsreform begründen, das Unterhaltsrecht zu vereinfachen. Sie erleichtere die Unterhaltsberechnung nicht, sondern erweitert sie um den Rechenschritt der Bedarfsermittlung im Wege der Dreiteilung, da sie im Rahmen der Kontrollrechnung eine Berechnung des Unterhalts nach der von der Rechtsprechung herkömmlich angewandten Methode unter Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse der aufgelösten Ehe vorsehe. Weiterlesen

Pflegeleistung: Umzug des pflegebedürftigen Familienangehörigen in ein Pflegeheim

Die Vereinbarung von künftiger Pflege als Gegenleistung bei der Übertragung eines Grundstücks kann für die Betroffenen häufig zu einem Streitpunkt mit dem Sozialhilfeträger führen.

So war es im Fall eines Sohnes, der als Gegenleistung für die Übertragung eines Grundstücks die Pflege des Vaters übernommen hatte. Als der Vater in ein Pflegeheim verzog, konnte der Sohn seine Leistung nicht mehr erbringen. Der Sozialhilfeträger, der für die Heimkosten aufkam, verlangte daraufhin vom Sohn eine Zahlung wegen ersparter Aufwendungen. Er setzt die Ersparnis für die Pflegeleistungen entsprechend der Pflegestufe 1 mit monatlich 225 EUR und für die hauswirtschaftliche Tätigkeit mit monatlich 75 EUR an.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied den Rechtsstreit in letzter Instanz zugunsten des Sohnes. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass sich der Übertragungsvereinbarung im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung im Zweifel kein hypothetischer Parteiwille entnehmen lassen könne, dass an die Stelle des ersparten Zeitaufwands ein Zahlungsanspruch des Übergebers treten solle. Könne die Pflegeleistung wie hier aus tatsächlichen Gründen nicht mehr erbracht werden, sei die Gegenleistungspflicht damit erloschen (BGH, V ZR 132/09).

Kindesunterhalt: Titulierungsinteresse auch ohne vorherige Aufforderung des Schuldners

Ein Unterhaltsschuldner, der nur Teilleistungen auf den geschuldeten Unterhalt erbringt, gibt auch dann Veranlassung für eine Klage auf den vollen Unterhalt, wenn er zuvor nicht zur Titulierung des freiwillig gezahlten Teils aufgefordert worden ist.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Verfahren um die Kostenquote aus dem Unterhaltsrechtsstreit. Eine geschiedene Frau hatte zunächst rückständigen Trennungsunterhalt und später laufenden Unterhalt für die gemeinsamen Kinder begehrt. Ihr geschiedener Mann hatte die Forderung zum Großteil anerkannt, hinsichtlich eines Teils jedoch Klageabweisung beantragt. Das Amtsgericht verurteilte ihn daraufhin zu Unterhaltszahlungen, die noch über dem anerkannten Betrag lagen. Zudem wurden ihm die überwiegenden Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Seine Beschwerde hatte vor dem BGH keinen Erfolg. Weiterlesen

Steuererklärung: Anspruch auf Zustimmung des Ehegatten zur Zusammenveranlagung

Ein Ehegatte kann auch dann verpflichtet sein, dem – der steuerlichen Entlastung des anderen Ehegatten dienenden – Antrag auf Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer zuzustimmen, wenn er während der Zeit des Zusammenlebens steuerliche Verluste erwirtschaftet hat.

Dies gelte nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) auch, wenn er die Verluste im Wege des Verlustvortrags in einem späteren Veranlagungszeitraum zur Verminderung seiner eigenen Steuerlast einsetzen könnte. Die Richter machten deutlich, dass der Ehegatte im Verhältnis zu seinem Ehepartner keine getrennte Veranlagung wählen könne, wenn beide die erwartete geringere Steuerbelastung bereits für ihren Lebensunterhalt oder eine Vermögensbildung genutzt hätten, an der sie beide teilgehabt hätten. Verweigere nun einer der beiden seine Zustimmung zur Zusammenveranlagung, mache er sich schadenersatzpflichtig (BGH, XII ZR 173/06).

Betreuungsunterhalt: Mindestbedarf für die Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes

Einem Unterhaltsberechtigten steht wegen der Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes jedenfalls ein Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums zu, der dem notwendigen Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen entspricht und gegenwärtig 770 EUR monatlich beträgt.

Diese Grundsatzentscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Paars, dass bis 2006 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebte. Nach der Trennung verlangte die Frau für das gemeinsame Kind einen unbefristeten Betreuungsunterhalt. Dieser wurde ihr zunächst versagt, weil sie ihren Unterhaltsbedarf durch Einkünfte aus einer zumutbaren eigenen Erwerbstätigkeit decken könne. Weiterlesen

Gleiche Unterhaltsansprüche für Partner aus erster und zweiter Ehe

Ein geschiedener Ehemann kann die Herabsetzung des Unterhalts für seine Ex-Frau verlangen, wenn er wieder geheiratet hat und dann auch für seine neue Ehefrau unterhaltspflichtig ist. Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell klar.

In welchem Umfang der Mann für seine neue Ehefrau unterhaltspflichtig ist, bestimmt sich allerdings nicht nach einer frei wählbaren Rollenverteilung in der neuen Ehe, sondern nach den strengeren Maßstäben, wie sie auch für geschiedene Ehegatten gelten. Weiterlesen

Unterhaltsrecht aktuell

SparschweinWährend früher die lebenslange Lebensstandardgarantie galt, ist der nacheheliche Unterhalt nun stark eingeschränkt, wobei die Einzelheiten noch unklar sind und die Gerichte auch noch unterschiedlich entscheiden.

Seit 1. 1. 2008 gilt ein neues Unterhaltsrecht.

Inzwischen wurden die neuen Regeln durch zahlreiche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und vor allem durch Urteile des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2008  (XII ZR 109/05) und vom 18. März 2009  (XII ZR 74/08) konkretisiert.

Grundsätzlich gilt für Unterhalt wegen Kinderbetreuung jetzt Folgendes: Weiterlesen

BGH zur Dauer des nachehelichen Betreuungsunterhalts

Paragraph Letter 2Erneut hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung zum neuen – seit dem 1. Januar 2008 geltenden – Unterhaltsrecht getroffen. Danach müssen Alleinerziehende deutlich schneller als früher wieder eine Vollzeitstelle annehmen, wenn es ausreichende Betreuungsmöglichkeiten für das Kind gibt. Dies entschied der BGH im Falle eines Vaters, der der Mutter Betreuungsunterhalt für einen 7-jährigen Jungen zahlen sollte.

1. Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Die seit Januar 2000 verheirateten und seit September 2003 getrennt lebenden Parteien sind seit April 2006 rechtskräftig geschieden. Ihr im November 2001 geborener Sohn wird von der Klägerin betreut. Er besuchte seit 2005 eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung und geht seit September 2007 zur Schule und danach bis 16:00 Uhr in einen Hort. Die Klägerin ist verbeamtete Studienrätin und seit August 2002 mit knapp 7/10 einer Vollzeitstelle (18 Wochenstunden) erwerbstätig.

Das Amtsgericht hat den Beklagten für die Zeit ab Januar 2008 zur Zahlung nachehelichen Betreuungs und Aufstockungsunterhalt in Höhe von monatlich 837 € verurteilt. Die Berufung des Beklagten, mit der er eine Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf 416,32 € und eine zeitliche Befristung der Unterhaltszahlungen bis Juni 2009 begehrt, wurde zurückgewiesen. Weiterlesen

Recht aktuell: Dauer des nachehelichen Betreuungsunterhalts

Recht aktuellDer u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich erstmals mit Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem zum 1. Januar 2008 geänderten Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) zu befassen.

1. Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Die seit Januar 2000 verheirateten und seit September 2003 getrennt lebenden Parteien sind seit April 2006 rechtskräftig geschieden. Ihr im November 2001 geborener Sohn wird von der Klägerin betreut. Er besuchte seit 2005 eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung und geht seit September 2007 zur Schule und danach bis 16:00 Uhr in einen Hort. Die Klägerin ist verbeamtete Studienrätin und seit August 2002 mit knapp 7/10 einer Vollzeitstelle (18 Wochenstunden) erwerbstätig. Weiterlesen

BGH-Urteil zur Dauer des nachehelichen Unterhalts

 Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich erstmals mit Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem zum 1. Januar 2008 geänderten Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) zu befassen. Weiterlesen