Kindesunterhalt: Vater muss erwachsener Tochter Unterhalt für ein Studium bezahlen

Der Vater einer heute 25-jährigen schuldet seiner Tochter Unterhalt für ein aufgenommenes Journalistikstudium, auch wenn sie zuvor ein anderes Studium abgebrochen hat.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Vaters entschieden, der sich 2005 in einem Vergleich gegenüber seiner 1988 geborenen Tochter verpflichtet hatte, Kindesunterhalt zu zahlen. Die Tochter lebte nach der Trennung der Eltern bei der Mutter. Ihr Studium für Tourismus und Freizeitmanagement in den Niederlanden brach sie Anfang 2010 ab. In der Folgezeit absolvierte sie mehrere Praktika und einen längeren Aufenthalt in Australien, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Im Oktober 2011 nahm sie das Studium der Journalistik auf. Im vorliegenden Verfahren hat sich der Vater auf den Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab März 2010 berufen. Er hat u.a. gemeint, seine Tochter sei nicht bedürftig, verletze ihre Obliegenheiten und habe einen Unterhaltsanspruch zudem verwirkt.

Die Richter entschieden, dass die Tochter Anspruch auf angemessenen Unterhalt für den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für eine angemessene Berufsausbildung habe. Sie habe auch nicht gegen die sie treffende Ausbildungsobliegenheit verstoßen. Sie befinde sich noch in der Erstausbildung, die der Vater entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen anteilig zu zahlen habe. Ein Kind, das nach seinem Schulabschluss zunächst keine Ausbildung beginne, habe zwar mangels Bedürftigkeit zunächst keinen Unterhaltsanspruch. Es sei darauf zu verweisen, seinen Bedarf durch eigene (ungelernte) Arbeit oder aus eigenem Vermögen zu decken. Dadurch verliere es aber nicht den Anspruch auf Unterhalt für eine später begonnene angemessene Ausbildung. So könne auch ein 24-jähriges Kind noch eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Von einem jungen Menschen könne nicht von Beginn an eine zielgerichtete, richtige Entscheidung in der Berufswahl erwartet werden. Ihm sei eine Orientierungsphase zur Berufswahl zuzubilligen, deren Dauer sich nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen richte. Hiernach sei es im vorliegenden Fall noch hinzunehmen, dass die Tochter ihr Studium in den Niederlanden bis zum Beginn des vierten Semesters abgebrochen habe (OLG Hamm, 7 UF 166/12).

Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat stimmt Unterhaltsvorschussgesetz zu

Die Bundesländer haben in ihrer Plenarsitzung Ende März dem Gesetz zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes zugestimmt.

Das Gesetz soll durch vereinfachte Antragsverfahren dafür sorgen, dass alleinerziehende Eltern und deren Kinder so einfach und effektiv wie möglich zustehende Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erhalten können. Zudem erleichtert es zuständigen Stellen – zum Beispiel durch die Erweiterung von Auskunftsansprüchen – den Rückgriff auf die Unterhaltsschuldner. Den Anstoß für das Gesetz gab der Bundesrat, der im Juni 2010 den „Gesetzentwurf zur Verbesserung des Vollzugs im Unterhaltsvorschussrecht“ in den Bundestag eingebracht hatte.

Mit den Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz werden Kinder alleinstehender Elternteile finanziell unterstützt, wenn der andere Elternteil sich der Pflicht zur Zahlung von Unterhalt ganz oder teilweise entzieht, hierzu nicht in der Lage oder verstorben ist.

Elternunterhalt: Erwachsene Tochter zahlt für Heimaufenthalt der Mutter

Eine erwachsene Tochter, die ihre fehlende unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht darlegen oder nachweisen kann, hat sich an den Heimkosten der Mutter zu beteiligen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert. Die 93 Jahre alte Mutter der 64-jährigen Frau lebt in einem Alten- und Pflegeheim. Für die durch Rente, Versicherungsleistungen und Vermögen der Mutter nicht abgedeckten Heimkosten gewährt der antragstellende Kreis monatlich Hilfe zur Pflege in Höhe von 1.638 EUR. An den vom Kreis finanzierten Heimkosten haben sich zwei Brüder der Frau mit monatlichen Zahlungen von 704 EUR zu beteiligen. Zwei ihrer Schwestern leisten keine Zahlungen, weil sie unstreitig leistungsunfähig sind. Der Kreis verlangt nun eine monatliche Zahlung in Höhe von 113 EUR. Die Frau hat eine Zahlung verweigert, weil sie nicht mehr leistungsfähig sei.

Die Richter am OLG haben die Frau gleichwohl zur monatlichen Elternunterhaltszahlung in Höhe der 113 EUR verpflichtet. Der Unterhaltspflichtige habe seine Leistungsunfähigkeit darzulegen und ggf. auch nachzuweisen. Hierzu müsse er die Fakten darstellen, die seine Lebensstellung bestimmen. Das sind insbesondere Alter, Familienstand, Höhe seines Vermögens und Einkommens, Verbindlichkeiten, Werbungskosten und die sonstigen einkommensmindernden Posten. Schulde ein verheirateter Unterhaltspflichtiger Elternunterhalt, komme es für die Frage seiner Leistungsfähigkeit auf das Familieneinkommen an. Das ergebe sich daraus, dass er den Unterhalt entweder aus seinem nicht nur geringfügigen „Taschengeldanspruch“ gegen den Ehegatten oder aus seinen eigenen Einkünften schulde. Deswegen müsse er auch zum Einkommen der anderen Familienmitglieder vortragen. Das habe die Frau vorliegend nicht getan. Sie habe nicht ausreichend dargelegt, welche Einkünfte aus Erwerbstätigkeit sie und ihr als selbstständiger Versicherungsvertreter tätiger Ehemann erzielt hätten. Ebenso wenig sei vorgetragen worden, welche Miete die Eheleute aus ihrem Mietshaus eingenommen hätten (OLG Hamm, II-8 UF 14/12).

Unterhalt: Düsseldorfer Tabelle 2013 mit höherem Selbstbehalt für Unterhaltspflichtige

Seit 1.1.2013 ist die „Düsseldorfer Tabelle“ geändert. Der notwendige Selbstbehalt hat sich für Erwerbstätige, die für Kinder bis zum 21. Lebensjahr unterhaltspflichtig sind, von 950 EUR auf 1.000 EUR erhöht. Für nicht erwerbstätige Unterhaltsverpflichtete stieg der Selbstbehalt auf 800 EUR. Die Anpassung berücksichtigt so die Erhöhung der SGB II-Sätze („Hartz IV“) zum 1.1.2013.

Ferner sind die Selbstbehalte bei Unterhaltspflichten gegenüber Ehegatten, Mutter/Vater eines nichtehelichen Kindes, volljährigen Kinder oder Eltern angehoben worden:

Unterhaltspflicht gegenüber Selbstbehalt bisher Selbstbehalt ab 2013
Kindern bis 21 Jahre (im Haushalt eines Elternteils und allgemeine Schulausbildung), Unterhaltspflichtiger erwerbstätig:

950 EUR

1.000 EUR

Kindern bis 21 Jahre (im Haushalt eines Elternteils und allgemeine Schulausbildung), Unterhaltspflichtiger nicht erwerbstätig:

770 EUR

800 EUR

anderen volljährigen Kinder:

1.150 EUR

1.200 EUR

Ehegatte oder Mutter/Vater eines nichtehelichen Kindes:

1.050 EUR

1.100 EUR

Eltern:

1.500 EUR

1.600 EUR

Der Kindesunterhalt wurde 2013 nicht erhöht werden. Der Unterhalt richtet sich dem steuerlichen Kinderfreibetrag. Da der Kinderfreibetrag 2013 nicht angehoben werden wird, steigen auch die Unterhaltsbeträge nicht.

Hinweis: In der „Düsseldorfer Tabelle“, die vom Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegebenen wird, werden in Abstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten und der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages e.V. Unterhaltsleitlinien, u.a. Regelsätze für den Kindesunterhalt, festgelegt.

2012 gibt es keine neue Düsseldorfer Tabelle

Für das Jahr 2012 wird keine neue Düsseldorfer Tabelle herausgegeben werden.

Es gelten daher auch im Jahr 2012 die mit der Tabelle 2011 festgesetzten Unterhaltsbeträge für Unterhaltsberechtigte und die einem Unterhaltsverpflichteten verbleibenden Selbstbehaltssätze fort, weil weder gesetzliche noch steuerliche Änderungen eine Anpassung erfordern. In der Düsseldorfer Tabelle, die vom Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegeben wird, werden in Abstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten und dem Deutschen Familiengerichtstag Unterhaltsleitlinien, u.a. Regelsätze für den Kindesunterhalt, festgelegt.

Freiwilliges soziales Jahr: Unterhaltsanspruch eines Volljährigen

Leisten volljährige Kinder ein freiwilliges soziales Jahr, können Sie auch einen Unterhaltsanspruch haben, wenn dieses Jahr für ihre geplante Ausbildung keine zwingende Voraussetzung ist.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Celle in einem entsprechenden Fall. Die Richter machten deutlich, dass der Jugendfreiwilligendienst mittlerweile als „ein an Lernzielen ausgerichteter Bildungsdienst“ angesehen werde. Das führe dazu, dass das freiwillige soziale Jahr in der Berufsausbildung auch dann als ein angemessener Ausbildungsschritt angesehen werde, wenn zu Beginn der Ausbildung noch unklar sei, ob diese später tatsächlich in einen sozialen Beruf münde. Es müsse also nicht von Anfang an feststehen, ob sich das freiwillige soziale Jahr konkret „auszahlen“ werde (OLG Celle, 10 WF 300/11).

Interessant: Scheinvater hat Auskunftsanspruch gegen die Kindesmutter zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses

Nach einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung und zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses hat der Scheinvater einen Anspruch gegen die Mutter auf Auskunft über die Person, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt hat.

Mit dieser Entscheidung stärkt der Bundesgerichtshof (BGH) die Auskunftsrechte des Scheinvaters. Der Kläger dieses Verfahrens hatte bis zum Frühjahr 2006 für etwa zwei Jahre in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer Frau zusammengelebt. Im Frühsommer 2006 trennten sie sich endgültig. Einige Monate später gebar die Frau einen Sohn. Nachdem sie den Kläger zuvor aufgefordert hatte, die Vaterschaft für „ihr gemeinsames Kind“ anzuerkennen, erkannte dieser die Vaterschaft an. Er zahlte an die Frau insgesamt 4.575 EUR Kindes- und Betreuungsunterhalt. In einem Rechtsstreit über Betreuungs- und Kindesunterhalt wurde später ein Vaterschaftsgutachten eingeholt. Dabei stellte sich heraus, dass der Kläger nicht der Vater des Kindes ist. Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGH) kann er den zu Unrecht geleisteten Unterhaltsbetrag von dem tatsächlichen Vater zurückfordern. Da ihm dieser jedoch nicht bekannt war, verlangte der Kläger von der Frau Auskunft zur Person des leiblichen Vaters.

Der BGH hat diesen Auskunftsanspruch nun bestätigt. Die Frau schulde dem Kläger nach Treu und Glauben Auskunft über die Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt habe. Ein solcher Anspruch setze voraus, dass in einer besonderen Rechtsbeziehung der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen sei, während der andere Teil unschwer in der Lage sei, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. So liege der Fall hier. Dem Kläger sei nicht bekannt, gegen wen er seinen Anspruch auf Unterhaltsregress richten müsse. Die Frau könne ihm dagegen unschwer die Person benennen, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt habe und gegenwärtig sogar Kindesunterhalt leiste. Die erforderliche besondere Rechtsbeziehung zwischen den Parteien ergebe sich aus dem auf Aufforderung und mit Zustimmung der Mutter abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnis (BGH, XII ZR 136/09).

Prozessrecht: Beiordnung eines Anwalts bei begrenzten Sprachkenntnissen

Recht und GesetzIst die Vertretung durch einen Anwalt nicht vorgeschrieben, kann einem Beteiligten auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Bürgers ausländischer Herkunft mit begrenzten Sprachkenntnissen hin. Dieser war auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen worden. Die Richter hielten in diesem Fall für das vereinfachte Unterhaltsverfahren die Beiordnung eines Anwalts für erforderlich. Gerade für einen Betroffenen mit begrenzten Sprachkenntnissen könne das korrekte Ausfüllen des Formulars für Einwendungen, das häufig als unübersichtlich und sprachlich anspruchsvoll empfunden werde, mit größeren Schwierigkeiten verbunden sein. Häufig hätten selbst Muttersprachler Probleme, die Einwendungen in korrekter Form zu erheben. Ein fehlerhaftes Ausfüllen des Formulars hätte zudem zur Folge, dass der Betroffene mit seinen Einwendungen im vereinfachten Verfahren ausgeschlossen sei. Diese Rechtsnachteile könnten durch die Beiordnung des Rechtsanwalts verhindert werden (OLG Hamm, II-2 WF 100/11).

Unterhaltsrecht: Anzahl der Bewerbungen als Indiz für Arbeitsbemühungen

Ein arbeitsloser Unterhaltsberechtigter muss nachweisen, dass er sich ausreichend bemüht, eine Arbeitsstelle zu erlangen. Bemüht er sich nicht ausreichend, kann ihm ein fiktives Einkommen zugerechnet werden, das seinen Unterhaltsanspruch mindert.

Diese langjährige Rechtsprechung führte in der Vergangenheit oft zum Streit über die Frage, wann „ausreichende Bemühungen“ vorgelegen haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu nun entschieden, dass die Anzahl der vom Anspruchsteller vorgetragenen Bewerbungen nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen sei, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Für ausreichende Erwerbsbemühungen komme es vielmehr, wie für das Bestehen einer realistischen Erwerbschance, vorwiegend auf die individuellen Verhältnisse und die Erwerbsbiografie des Anspruchstellers an. Diese seien vom Familiengericht aufgrund des – ggf. beweisbedürftigen – Parteivortrags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen. Eine pauschale Regelung (z.B. 100 Bewerbungen im Jahr) sei daher abzulehnen (BGH, XII ZR 121/09).

Umgangsrecht: Wann steht einem bedürftigen Elternteil im Rechtsstreit ein Anwalt zu?

Soll das Besuchsrecht zwischen einem Elternteil und seinem Kind durch das Familiengericht geregelt werden, kann der Elternteil, der keine ausreichenden Einkünfte hat, um selbst einen Anwalt bezahlen zu können, staatliche Hilfe für das Verfahren (Verfahrenskostenhilfe) bewilligt erhalten und einen Rechtsanwalt beigeordnet bekommen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein hin. Voraussetzung hierfür sei nach der Entscheidung, dass zwischen dem Elternteil und dem Kind seit längerer Zeit kein Kontakt stattgefunden habe. Grundsätzlich könnten sich Eltern beim Streit um das Besuchsrecht vor Gericht selbst vertreten. Es stehe ihnen frei, sich hierbei durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Habe ein Elternteil keine ausreichenden Einkünfte, um selbst den Rechtsanwalt zu bezahlen, könne er Verfahrenskostenhilfe beantragen. Nach dem hierfür geltenden Verfahrensrecht sei ihm ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn eine solch schwierige Sach- oder Rechtslage vorliege. Nach Ansicht der Richter sei im vorliegenden Fall eine schwierige Sachlage gegeben. Der Vater habe zu seinem Sohn seit mehr als fünf Monaten keinen Kontakt gehabt. Damit sei ein völliger Kontaktabbruch zu befürchten. Demgegenüber hätte die Kindesmutter Bedenken angemeldet, dass das Wohl des gemeinsamen Sohnes bei einem Aufenthalt im Haushalt des Kindesvaters gefährdet sein könnte. Aufgrund der fehlenden juristischen Kenntnisse des Vaters sahen es die Richter als erforderlich an, dass dieser sich angesichts des komplexen Sachverhalts im gerichtlichen Verfahren nicht selbst vertrete, sondern seine Rechte sachgerecht mit Hilfe eines Rechtsanwalts verfolgen könne (OLG Schleswig, 10 WF 29/11).

Unterhaltsrecht: Die neue BGH-Rechtsprechung zum Ehegattenunterhalt ist verfassungswidrig

BGH

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Wandel der ehelichen Lebensverhältnisse einschließlich der Drittelmethode für verfassungswidrig erklärt.

Die Verfassungsrichter bemängelten, dass die vom BGH eingeführte Dreiteilungsmethode den früheren Ehegatten einseitig zugunsten des Unterhaltspflichtigen und dessen nachfolgenden Ehegatten belaste. Die Berechnungsmethode setze sich überdies über den Willen des Gesetzgebers hinweg. Soweit dieser Einschränkungen beim nachehelichen Unterhalt vorgenommen habe, wie bei der Kürzung oder Befristung von Unterhaltsansprüchen, habe er damit die unterhaltsrechtliche Position des geschiedenen Ehegatten nicht von vornherein verschlechtern wollen, wie dies die Bedarfsbestimmung nach der Dreiteilung vorsehe. Die geänderte Rechtsprechung lasse sich auch nicht mit dem Ziel der Unterhaltsreform begründen, das Unterhaltsrecht zu vereinfachen. Sie erleichtere die Unterhaltsberechnung nicht, sondern erweitert sie um den Rechenschritt der Bedarfsermittlung im Wege der Dreiteilung, da sie im Rahmen der Kontrollrechnung eine Berechnung des Unterhalts nach der von der Rechtsprechung herkömmlich angewandten Methode unter Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse der aufgelösten Ehe vorsehe. Weiterlesen

Kindesunterhalt: Klassenfahrten und Schüleraustauschprojekte sind kein Sonderbedarf

UnterhaltEin Minderjähriger hat keinen Anspruch gegenüber seinem barunterhaltspflichtigen Vater auf die hälftige Zahlung von Sonderbedarf aus Klassenfahrten.

Das machte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Prozesskostenhilfeverfahren deutlich und wies den Antrag des Schülers auf Prozesskostenhilfe ab. Seine geplante Klage auf Zahlung von Sonderbedarf habe keine Aussicht auf Erfolg. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass Klassenfahrten und Schüleraustauschprojekte keinen Sonderbedarf darstellen würden. Derartige Veranstaltungen würden nicht überraschend auftreten. Sie seien vielmehr – auch im Kostenvolumen – rechtzeitig planbar. Zudem fehle auch die unterhaltsrechtliche Notwendigkeit für das Schüleraustauschprojekt. Das Kostenvolumen für die Reise nach China sei derart hoch, dass ohnehin nur wenige Schüler das Angebot in Anspruch nehmen könnten (OLG Hamm, II-2 WF 285/10).

Kindesunterhalt: Keine Bedarfsminderung, wenn sich das Kind vorübergehend im Ausland aufhält

Die Abänderung eines titulierten Unterhaltsanspruchs ist nur bei wesentlich geänderten Verhältnissen gerechtfertigt. Hält sich der Unterhaltsberechtigte im Rahmen eines Schüleraustauschs für einige Monate im Ausland auf, besteht die Unterhaltspflicht fort.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln im Streit zweier Eltern über den Unterhalt des gemeinsamen Kindes. Die beiden hatten vereinbart, dass zwischen Barunterhaltspflicht und Unterhaltspflicht durch Betreuung aufgeteilt werden solle. Als das Kind für einige Monate ins Ausland ging, konnten sie sich nicht einigen, wie in dieser Zeit der Unterhalt durch Betreuung zu berücksichtigen sei.

Die Richter beschieden jedoch, dass dieser Wegfall unbeachtlich sei. Änderungen bei den bisherigen Unterhaltsleistungen würden sich somit nicht ergeben. Der vorübergehende Auslandsaufenthalt des Kindes ändere nichts an den jeweiligen Unterhaltspflichten. Weder würde sich der Unterhaltsbedarf des Kindes vermindern, noch würde die Betreuungsleistung des anderen Elternteils entfallen. Der Wohnbedarf für das Kind müsse weiter vorgehalten werden. Auch sonstige laufende Kosten wie Kleidung würden fortlaufend anfallen. Es sei sogar davon auszugehen, dass solche Anschaffungen vor Antritt des Auslandsaufenthalts eher in größerem Umfange entstehen würden. Entfallen würden einzig und allein die Kosten für die Verpflegung. Dagegen stehe aber ein erhöhtes angemessenes Taschengeld während des Auslandaufenthalts (OLG Köln, 4 UF 16/10).

Unterhaltsrecht: Auskunftsanforderungen sollten rechtzeitig beantwortet werden

Wer als Auskunftspflichtiger auf eine Aufforderung zur Auskunftserteilung nicht reagiert, obwohl ihm das Aufforderungsschreiben nachweislich zugegangen ist und der später von ihm anerkannte Auskunftsanspruch zugunsten des Auffordernden im Rahmen des schriftlichen Vorverfahrens anerkannt worden ist, hat Anlass zur Klageerhebung geboten.

Das musste sich ein Unterhaltspflichtiger vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg sagen lassen. Die Richter machten in ihrer Urteilsbegründung deutlich, dass der Auffordernde aufgrund der Untätigkeit des Auskunftspflichtigen auf das erste Aufforderungsschreiben davon ausgehen durfte, dass er seinen Unterhaltsanspruch nur durch ein gerichtliches Vorgehen durchsetzen konnte. Der Unterhaltsverpflichtete konnte daher vor Gericht nicht mehr kostenbefreiend anerkennen. Dank seiner Untätigkeit muss er nun sämtliche Kosten des Gerichtsverfahrens tragen (OLG Naumburg, 3 WF 60/10).

Neue Düsseldorfer Tabelle 2011

Das OLG Düsseldorf hat die neue Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2011 vorgestellt.

In der aktuellen Tabelle wurden Anpassungen beim Unterhalt gegenüber der bisher geltenden Düsseldorfer Tabelle vorgenommen. So wurde der angemessene Bedarf eines Studenten, der nicht bei seinen Eltern wohnt, von bisher 640 € auf 670 € erhöht. In dieser Summe enthalten sind 280 € (bisher: 270 €) für die Warmmiete.

Darüber hinaus wurde der Eigenbedarf (Selbstbehalt) für Erwerbstätige, die für Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres unterhaltspflichtig sind, von 900 € auf 950 € erhöht. Für nicht Erwerbstätige bleibt dieser weiterhin bei 770 €. Dabei lehnt sich die Erhöhung von 900 € auf 950 € an die Erhöhung der Hartz IV Sätze nach dem SGB II zum 01.01.2011 an. Ab 2011 ändern sich auch folgende Selbstbehalte:

  • gegenüber anderen volljährigen Kindern von 1.100 € auf 1.150 €
  • gegenüber dem Ehegatten oder Mutter/ Vater eines nicht ehelichen Kindes von 1.000 € auf 1.050 €
  • gegenüber den Eltern von 1.400 auf 1.500 €

Gleichzeitig wurde der Bedarfskontrollbetrag, der eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltsschuldner und dem Unterhaltsberechtigten gewährleisten soll, um 50 € in jeder Einkommensgruppe erhöht.

Die neue Düsseldorfer Tabelle 2011 können Sie u.A. HIER kostenlos herunterladen.