Kindesunterhalt: Vater muss erwachsener Tochter Unterhalt für ein Studium bezahlen

Der Vater einer heute 25-jährigen schuldet seiner Tochter Unterhalt für ein aufgenommenes Journalistikstudium, auch wenn sie zuvor ein anderes Studium abgebrochen hat.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Vaters entschieden, der sich 2005 in einem Vergleich gegenüber seiner 1988 geborenen Tochter verpflichtet hatte, Kindesunterhalt zu zahlen. Die Tochter lebte nach der Trennung der Eltern bei der Mutter. Ihr Studium für Tourismus und Freizeitmanagement in den Niederlanden brach sie Anfang 2010 ab. In der Folgezeit absolvierte sie mehrere Praktika und einen längeren Aufenthalt in Australien, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Im Oktober 2011 nahm sie das Studium der Journalistik auf. Im vorliegenden Verfahren hat sich der Vater auf den Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab März 2010 berufen. Er hat u.a. gemeint, seine Tochter sei nicht bedürftig, verletze ihre Obliegenheiten und habe einen Unterhaltsanspruch zudem verwirkt.

Die Richter entschieden, dass die Tochter Anspruch auf angemessenen Unterhalt für den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für eine angemessene Berufsausbildung habe. Sie habe auch nicht gegen die sie treffende Ausbildungsobliegenheit verstoßen. Sie befinde sich noch in der Erstausbildung, die der Vater entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen anteilig zu zahlen habe. Ein Kind, das nach seinem Schulabschluss zunächst keine Ausbildung beginne, habe zwar mangels Bedürftigkeit zunächst keinen Unterhaltsanspruch. Es sei darauf zu verweisen, seinen Bedarf durch eigene (ungelernte) Arbeit oder aus eigenem Vermögen zu decken. Dadurch verliere es aber nicht den Anspruch auf Unterhalt für eine später begonnene angemessene Ausbildung. So könne auch ein 24-jähriges Kind noch eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Von einem jungen Menschen könne nicht von Beginn an eine zielgerichtete, richtige Entscheidung in der Berufswahl erwartet werden. Ihm sei eine Orientierungsphase zur Berufswahl zuzubilligen, deren Dauer sich nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen richte. Hiernach sei es im vorliegenden Fall noch hinzunehmen, dass die Tochter ihr Studium in den Niederlanden bis zum Beginn des vierten Semesters abgebrochen habe (OLG Hamm, 7 UF 166/12).

Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat stimmt Unterhaltsvorschussgesetz zu

Die Bundesländer haben in ihrer Plenarsitzung Ende März dem Gesetz zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes zugestimmt.

Das Gesetz soll durch vereinfachte Antragsverfahren dafür sorgen, dass alleinerziehende Eltern und deren Kinder so einfach und effektiv wie möglich zustehende Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erhalten können. Zudem erleichtert es zuständigen Stellen – zum Beispiel durch die Erweiterung von Auskunftsansprüchen – den Rückgriff auf die Unterhaltsschuldner. Den Anstoß für das Gesetz gab der Bundesrat, der im Juni 2010 den „Gesetzentwurf zur Verbesserung des Vollzugs im Unterhaltsvorschussrecht“ in den Bundestag eingebracht hatte.

Mit den Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz werden Kinder alleinstehender Elternteile finanziell unterstützt, wenn der andere Elternteil sich der Pflicht zur Zahlung von Unterhalt ganz oder teilweise entzieht, hierzu nicht in der Lage oder verstorben ist.

Elternunterhalt: Erwachsene Tochter zahlt für Heimaufenthalt der Mutter

Eine erwachsene Tochter, die ihre fehlende unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht darlegen oder nachweisen kann, hat sich an den Heimkosten der Mutter zu beteiligen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert. Die 93 Jahre alte Mutter der 64-jährigen Frau lebt in einem Alten- und Pflegeheim. Für die durch Rente, Versicherungsleistungen und Vermögen der Mutter nicht abgedeckten Heimkosten gewährt der antragstellende Kreis monatlich Hilfe zur Pflege in Höhe von 1.638 EUR. An den vom Kreis finanzierten Heimkosten haben sich zwei Brüder der Frau mit monatlichen Zahlungen von 704 EUR zu beteiligen. Zwei ihrer Schwestern leisten keine Zahlungen, weil sie unstreitig leistungsunfähig sind. Der Kreis verlangt nun eine monatliche Zahlung in Höhe von 113 EUR. Die Frau hat eine Zahlung verweigert, weil sie nicht mehr leistungsfähig sei.

Die Richter am OLG haben die Frau gleichwohl zur monatlichen Elternunterhaltszahlung in Höhe der 113 EUR verpflichtet. Der Unterhaltspflichtige habe seine Leistungsunfähigkeit darzulegen und ggf. auch nachzuweisen. Hierzu müsse er die Fakten darstellen, die seine Lebensstellung bestimmen. Das sind insbesondere Alter, Familienstand, Höhe seines Vermögens und Einkommens, Verbindlichkeiten, Werbungskosten und die sonstigen einkommensmindernden Posten. Schulde ein verheirateter Unterhaltspflichtiger Elternunterhalt, komme es für die Frage seiner Leistungsfähigkeit auf das Familieneinkommen an. Das ergebe sich daraus, dass er den Unterhalt entweder aus seinem nicht nur geringfügigen „Taschengeldanspruch“ gegen den Ehegatten oder aus seinen eigenen Einkünften schulde. Deswegen müsse er auch zum Einkommen der anderen Familienmitglieder vortragen. Das habe die Frau vorliegend nicht getan. Sie habe nicht ausreichend dargelegt, welche Einkünfte aus Erwerbstätigkeit sie und ihr als selbstständiger Versicherungsvertreter tätiger Ehemann erzielt hätten. Ebenso wenig sei vorgetragen worden, welche Miete die Eheleute aus ihrem Mietshaus eingenommen hätten (OLG Hamm, II-8 UF 14/12).

Hartz IV: Umgangsrecht mit Kindern in den USA

Der Umfang der Übernahme von Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts eines Empfängers von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II mit seinem in den USA lebenden Kind durch das zuständige Jobcenter bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Diese Klarstellung traf das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz im Fall eines geschiedenen Mannes, dessen Frau mit dem gemeinsamen Kind nach Amerika gezogen war. Vereinbart war ein Umgangsrecht von sieben Tagen im Quartal. Daher verlangte der Mann die Übernahme der Reisekosten für vier Amerika-Reisen im Jahr. Das LSG machte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes deutlich, dass auf die Kosten abgestellt werden müsse, die von einem Durchschnittsverdiener aufgewendet würden. Anhand dieses Maßstabs sei bei einer durch größere Entfernung geprägten Beziehung eine persönliche Ausübung des Umgangsrechts nur einmal im Jahr zu finanzieren. Hierfür spreche vorliegend insbesondere, dass die geforderten Reisekosten einen Einsatz von rund 35 Prozent des Einkommens eines Durchschnittsverdieners ausmachen würden. Zudem bestehe auch bei einem siebenjährigen Kind die Möglichkeit der Kontaktaufnahme über Videokonferenzsoftware (LSG Rheinland-Pfalz, L 3 AS 210/12 B ER).

Neues Umgangsrecht soll Rechte leiblicher Väter stärken

Das Bundesjustizministerium hat einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vorgelegt. Das neue Umgangsrecht soll die Rechte leiblicher Väter stärken. Erstmals erhält der biologische, leibliche Vater ein Umgangsrecht mit seinem Kind, auch wenn er bislang keine enge soziale Bindung aufgebaut hat.

Die Neuregelung soll biologischen Vätern künftig den Umgang mit ihren Kindern erleichtern. In bestimmten Fällen kann der biologische Vater Auskunft über die persönlichen Verhältnisse seines Kindes erlangen. Das neue Umgangsrecht klingt nüchtern, bedeutet aber eine wesentliche Verbesserung zugunsten des biologischen Vaters im Verhältnis zu seinem Kind, das in einer Ehe mit Mutter und rechtlichem Vater aufwächst.

Bislang steht dem biologischen Vater eines Kindes ein Umgangsrecht nur zu, wenn ihn mit seinem Kind bereits eine enge persönliche Beziehung verbindet. In vielen Fällen ist das aber nicht so, etwa wenn das Kind mit den rechtlichen Eltern in einem engen sozialen Familienverbund lebt, die rechtlichen Eltern den Kontakt zum biologischen Vater nicht zulassen oder die Existenz des biologischen Vaters gar nicht bekannt ist. In diesen Fällen besteht für den leiblichen Vater bisher keine Möglichkeit, Umgang mit seinem Kind zu erlangen. Auch ein Auskunftsrecht über die persönlichen Verhältnisse des Kindes räumt das Gesetz bisher den rechtlichen Eltern ein, nicht aber dem außenstehenden leiblichen Vater. Weiterlesen

Aktuelle Gesetzgebung: Sorgerecht unverheirateter Eltern soll vereinfacht werden

Im Gesetzgebungsverfahren befindet sich derzeit eine Änderung des Sorgerechts. Die Neuregelung ermöglicht das gemeinsame Sorgerecht für Unverheiratete, wenn nicht ausnahmsweise das Kindeswohl entgegensteht. Ziel ist es, ein einfaches und unbürokratisches Verfahren für unproblematische Fälle zu finden.

Nach altem Recht wurden unverheiratete Väter grundsätzlich nur an der Sorge beteiligt, wenn die Mutter einverstanden war. Das neue Recht soll nun die Möglichkeit schaffen, dass der Vater die Mitsorge auch erlangen kann, wenn die Mutter dem nicht zustimmt. Es führt auf einfachem Wege in einem beschleunigten Verfahren zur gemeinsamen Sorge.

Wenn die Mutter mit der gemeinsamen Sorge nicht einverstanden ist, soll der Vater künftig wählen können, ob er zunächst zum Jugendamt geht, um doch noch eine Einigung zu erreichen. Auch der Weg zum Familiengericht steht jederzeit offen, egal ob der Gang zum Jugendamt erfolglos bleibt oder von vornherein unsinnig erscheint. Vor dem Familiengericht ist künftig zusätzlich ein vereinfachtes Verfahren für alle unproblematischen Fälle möglich, wenn sich die Mutter entweder gar nicht äußert oder ihre Ablehnung auf Gründe stützt, die erkennbar nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben. In dem vereinfachten Verfahren entscheiden die Richter schriftlich ohne persönliche Anhörung der Eltern. Weiterlesen

2012 gibt es keine neue Düsseldorfer Tabelle

Für das Jahr 2012 wird keine neue Düsseldorfer Tabelle herausgegeben werden.

Es gelten daher auch im Jahr 2012 die mit der Tabelle 2011 festgesetzten Unterhaltsbeträge für Unterhaltsberechtigte und die einem Unterhaltsverpflichteten verbleibenden Selbstbehaltssätze fort, weil weder gesetzliche noch steuerliche Änderungen eine Anpassung erfordern. In der Düsseldorfer Tabelle, die vom Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegeben wird, werden in Abstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten und dem Deutschen Familiengerichtstag Unterhaltsleitlinien, u.a. Regelsätze für den Kindesunterhalt, festgelegt.

Unterhaltsrecht: Anzahl der Bewerbungen als Indiz für Arbeitsbemühungen

Ein arbeitsloser Unterhaltsberechtigter muss nachweisen, dass er sich ausreichend bemüht, eine Arbeitsstelle zu erlangen. Bemüht er sich nicht ausreichend, kann ihm ein fiktives Einkommen zugerechnet werden, das seinen Unterhaltsanspruch mindert.

Diese langjährige Rechtsprechung führte in der Vergangenheit oft zum Streit über die Frage, wann „ausreichende Bemühungen“ vorgelegen haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu nun entschieden, dass die Anzahl der vom Anspruchsteller vorgetragenen Bewerbungen nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen sei, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Für ausreichende Erwerbsbemühungen komme es vielmehr, wie für das Bestehen einer realistischen Erwerbschance, vorwiegend auf die individuellen Verhältnisse und die Erwerbsbiografie des Anspruchstellers an. Diese seien vom Familiengericht aufgrund des – ggf. beweisbedürftigen – Parteivortrags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen. Eine pauschale Regelung (z.B. 100 Bewerbungen im Jahr) sei daher abzulehnen (BGH, XII ZR 121/09).

Sorgerechtsentzug: Großeltern steht kein Beschwerderecht bei Vormundbestellung zu

Soll der Kindesmutter das elterliche Sorgerecht entzogen werden, haben die Großeltern kein eigenes Beschwerderecht, wenn sie entgegen ihres Wunsches nicht zum Vormund für das Kind bestellt werden.

Das verdeutlichte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem entsprechenden Fall. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Großeltern nicht in eigenen Rechtspositionen betroffen seien. Das Gesetz sehe nämlich keinen Anspruch von Großeltern vor, zum Vormund für ihr Enkelkind bestellt zu werden. Es sei vielmehr Aufgabe des Familiengerichts, unter Abwägung aller Gesichtspunkte einen Vormund auszuwählen und zu bestimmen (OLG Hamm, 8 UF 263/10).

Umgangsrecht: Wann steht einem bedürftigen Elternteil im Rechtsstreit ein Anwalt zu?

Soll das Besuchsrecht zwischen einem Elternteil und seinem Kind durch das Familiengericht geregelt werden, kann der Elternteil, der keine ausreichenden Einkünfte hat, um selbst einen Anwalt bezahlen zu können, staatliche Hilfe für das Verfahren (Verfahrenskostenhilfe) bewilligt erhalten und einen Rechtsanwalt beigeordnet bekommen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein hin. Voraussetzung hierfür sei nach der Entscheidung, dass zwischen dem Elternteil und dem Kind seit längerer Zeit kein Kontakt stattgefunden habe. Grundsätzlich könnten sich Eltern beim Streit um das Besuchsrecht vor Gericht selbst vertreten. Es stehe ihnen frei, sich hierbei durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Habe ein Elternteil keine ausreichenden Einkünfte, um selbst den Rechtsanwalt zu bezahlen, könne er Verfahrenskostenhilfe beantragen. Nach dem hierfür geltenden Verfahrensrecht sei ihm ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn eine solch schwierige Sach- oder Rechtslage vorliege. Nach Ansicht der Richter sei im vorliegenden Fall eine schwierige Sachlage gegeben. Der Vater habe zu seinem Sohn seit mehr als fünf Monaten keinen Kontakt gehabt. Damit sei ein völliger Kontaktabbruch zu befürchten. Demgegenüber hätte die Kindesmutter Bedenken angemeldet, dass das Wohl des gemeinsamen Sohnes bei einem Aufenthalt im Haushalt des Kindesvaters gefährdet sein könnte. Aufgrund der fehlenden juristischen Kenntnisse des Vaters sahen es die Richter als erforderlich an, dass dieser sich angesichts des komplexen Sachverhalts im gerichtlichen Verfahren nicht selbst vertrete, sondern seine Rechte sachgerecht mit Hilfe eines Rechtsanwalts verfolgen könne (OLG Schleswig, 10 WF 29/11).

Aktuelle Gesetzgebung: Kinder sollen besser vor Vernachlässigung geschützt werden

Der Bundesrat hat der Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zugestimmt, nachdem er zuvor die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes festgestellt hatte.

In einer begleitenden Entschließung äußert er zudem die Erwartung, dass der Bund den Kommunen die durch das Gesetz entstehenden finanziellen Mehrbelastungen ausgleicht. Die neuen Regelungen sollen Kinder zukünftig besser vor Misshandlungen schützen und Vernachlässigungen unterbinden, indem sie die Praxis der Amtsvormundschaft verbessern. Diese war in der Vergangenheit des Öfteren in die Kritik geraten. Ziel des Gesetzes ist es daher, den persönlichen Kontakt des Vormunds zum Mündel und damit die Personensorge zu stärken. Zudem soll es dazu beitragen, den persönlichen Kontakt zwischen Betreuern und Betreuten besser zu dokumentieren und vom Gericht stärker beaufsichtigen zu lassen. Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen folgende Punkte vor:

  • der Vormund soll in der Regel einmal im Monat persönlichen Kontakt mit dem Mündel aufnehmen,
  • der Vormund hat die Pflicht, den Mündel persönlich zu fördern und seine Erziehung zu gewährleisten,
  • die Aufsichtspflichten des Gerichts werden ausgeweitet,
  • die Berichtspflichten gegenüber dem Gericht werden ausgeweitet,
  • das Jugendamt soll den Mündel vor Übertragung der Aufgaben des Vormunds auf einen Mitarbeiter bei der Amtsvormundschaft anhören,
  • ein Amtsvormund soll höchstens 50 Mündel betreuen – und nicht mehr wie bislang bis zu 120 Kinder und
  • unzureichende persönliche Kontakte werden als Grund für die Entlassung des Betreuers im Betreuungsrecht ausdrücklich genannt.